Im Faltkanadier unterwegs Mecklenburger Seeplatte - ALLY Reisebericht

 

KANU TRIPS

im Faltkanadier auf der Aare
Auf der Aare von Thun nach Bern

Interview mit Helle Wiese
Ein Ally Urgestein erzählt aus seinem Kanu Leben.

Meklenburger Seenplatte
Ungewönliche Reise mit Velo, Faltkanu und Anhänger.

Die lange Donau
Wieviel kostet die Freiheit ? Eine Reise vom Schwarzwald ans Schwarze Meer

Rogen
Fantastische Kanutour in Schweden und Norwegen

Die Wildniss Lapplands
Paddeln bis zur Grenze der Welt, dann zu Fuss weiter.

Freestyle
Ballett auf einem spiegelglatten See

Flussreise in Afrika
eindrückliche Kanufahrt in Mali auf dem Fluss Niger mit Tramp 16,5

4000 Km auf dem Niger
3 monatiges Paddelerlebnis in Afrika

Yukon Teritorry
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Alaska
Gletscher, Lachse und Seehunde. Ein erfüllter Traum auf dem Prince William Sound

Spanish River in Ontario Von Bären, Geiern, Stromschnellen, Portagen und herbstliche Farbenpracht

Alaska, Notak River
Mit der Famile unterwegs in der Wildnis

 

Schon seit über 20 Jahren geht Ulrich Gehrmann mit seinem Freund Harald jährlich auf Radreisen, die zumeist auch bei der Übernachtung als Outdoor-Erlebnis angelegt sind. Im Sommer 2004 erkundeten sie auf unkonventionelle Weise die Mecklenburger Seenplatte:

Um die Natur aus verschiedenen Perspektiven betrachten zu können und räumlich Flexibel zu sein, wählten sie ganz und gar falt- bzw. zerlegbare Transportmittel: Zwei Falträder, zwei zerlegbare Anhänger und ein Faltboot. Weitere verkleinerbare Ausrüstung: Falt-Hocker, Zelte, Schlafsäcke, Steck-Wasserpfeifen, Faltmesser, Faltkamera und gegessen wurde vom Faltgrill. Bei der Tour stand nicht nur Reisetauglichkeit der Faltmobil-Ausrüstung auf dem Prüfstand, sondern auch die Kombinierbarkeit mit dem öffentlichen Verkehrsmittel Bahn sowie die Überwindung der Standortfixierung, wie sie bei Anreisen mit dem Auto gegeben sind. Mit faltmobilen Rädern und Booten erreicht man nicht nur andere Orte, sondern kann sich am Ziel auch anders bewegen.

Die Anreise mit dem Zug Von Niedersachsen nach Mecklenburg: Unterwegs zog das Projekt von Beginn an Aufmerksamkeit auf sich. Mit dem Seesack für das Faltboot, zwei in Tragetaschen verpackten Falträdern, zwei demontierten Fahrradanhängern und zwei weiteren wasserdichten Seesäcken mit Küchen-, Zelt- und Schlafsackutensilien war es eine Herausforderung, beim Umsteigen in Hannover alles im IC unterzubringen, ohne den Zug zu verstopfen. Der erste Rückschlag: Das Fahrradabteil ist voll. Um so erstaunter sind wir, als alles Gepäck Platz im Großraumabteil findet: Die Falträder verschwinden ohne Mühe sofort in Kofferabstellplätzen am Eingang. Die beiden Seesäcke mit der ganzen Ausrüstung passen gut in die längsseitigen Ablagen über den Köpfen - und zu unserem freudigem Erstaunen sogar auch noch der größere Seesack mit dem Faltkanadier. Ein älteres Ehepaar spricht das allgemeine Erstaunen aus: "Um Gottes Willen, wo wollen Sie denn hin? Ziehen Sie um?" Auf den zwei Faltlastzügen lässt sich also augenscheinlich mehr transportieren, als erwartet. In Fürstenberg angekommen, werden die Dahons entfaltet, um ihren Dienst als Zugfahrzeuge anzutreten. Die Anhänger werden an den Schnellspannachsen der Hinterräder befestigt, die Seesäcke darauf festgezurrt los geht's auf zum nächsten Ufer.

Wasser Marsch Wir wassern den Faltkanadier und versuchen eine optimale Beladung unserer Gepäckstücke zu arrangieren: Ganz nach unten die Ladeflächen der Anhänger mit den Rahmen nach unten oder - nein, vielleicht lieber nach oben wegen der Aufbauhöhe im Boot - oder noch mal ganz von vorn? Nun denn. Nach dem Austüfteln der richtigen Anordnung fanden wir tatsächlich auch für uns noch genügend Platz im Boot. Dann galt es, mit den Steckpaddeln in den Röblinsee zu stechen. Wir stellen fest: Die Kombination von Faltboot und Faltrad beschert uns in der Summe beider Eignungen eine amphibische Fahrzeugausstattung. In Freude über die Funktion aller Fahrzeuge verschicke ich eine Siegesmeldung per SMS an eingeweihte Freunde. Anja antwortet: "Ich hoffe, nach derartigem Origami wird sich nun der Spaß entfalten." Ihr Wunsch sollte in Erfüllung gehen.

Eine Natur, zwei Perspektiven Die Landschaft der Müritz erschließt sich vom Boot aus direkt und intensiv aus der Froschperspektive. Mit dem Boot nähert man sich der Landschaft nur langsam, so dass sie auch die nötige Zeit hat, auf uns zu wirken. Einige Naturschönheiten, wie die Verbindungen der Seenlandschaft, sind gar nur vom Boot aus zu entdecken. Immer wieder wechseln sich Kanäle mit Flüssen ab und bieten andere Eindrücke. Für längere Aufenthalte bietet das Faltrad einen Perspektivwechsel über den Uferrand mit mehr Überblick, aber auch einen Belastungswechsel für den Körper. Gerade die andere körperliche Betätigung selbst bietet einen großen Reiz. Einerseits bieten Falträder die Abwechslung und die Möglichkeit mehr vom Ganzen zu erkennen. Wer zudem auch die Menschen etwas kennen lernen will, hat es auf dem Lande sehr viel einfacher Kontakte herzustellen.

In der Ruhe liegt die Kraft Motorboote müssen draußen bleiben: Bei aufkommendem Wind paddeln wir über den Kabelicksee. Unter dem hohen Himmel mit seinen kräftigen Nordwolken breitet sich eine leicht hügelige Landschaft mit starken Farbenkontrasten aus. Der noch sehr schmale Ausfluss der Havel ist gar nicht so leicht zu finden. Der Fluss ist so schmal, dass an Wenden nicht zu denken ist. Für Paddler ist die Strecke am Kabelicksee besonders schön, weil hier nur muskelangetriebene Boote fahren dürfen. Tiefhängende Zweigvorhänge versperren die Sicht, Blättertunnel verdunkeln und kühlen angenehm den Fahrweg, Sonnenstrahlen fallen durchs Laubgewölbe säumender Wälder. Seerosen wachsen bis in die Mitte des Wasserweges, weil sie hier nicht von den motorisierten Wellenbummlern zerquirlt werden. Anfänglich merkt man nur das Fehlen von Lärm, Bedrängen und Hektik. Nach einiger Zeit dann werden Windklänge wahrnehmbar: Auf dem See hat man im Ohr ein leichtes Säuseln unter dem Strohhut, in Uferlagen lässt er das Schilf rascheln, in den Kanälen verbiegt er die Baumspitzen und lässt dort ein fernes Rauschen erklingen.

Radfahren gegen Muskelkater. Wir drehen eine sportliche Runde von 40 Kilometern mit den Fahrrädern über Wesenberg und Mirow, um als eine Art Ausgleich die doch etwas verspannte Paddelhaltung zu lösen. Die verstellbaren Lenker werden von ,leicht zu packen' auf ,sportlich' umgestellt. Wir fahren schnell mit Führungswechsel. Aus einiger Entfernung winkt uns ein bekanntes Gesicht entgegen. Wir hatten den jungen Mann aus Bielefeld im letzten Zug nach Fürstenberg kennen gelernt. Natürlich hat auch er uns wiedererkannt - an den auffälligen Rädern. Er erkundigt sich nach dem Rest des Reisegepäcks und den Erfahrungen auf unserer Faltmobiltour. Wir berichten ihm von unseren Erlebnissen, sichtlich begeistert wünscht er uns noch viel Spaß und weiter geht's. Wie im Paarzeitfahren rollen wir übers Land und nutzen endlich einmal den großen Übersetzungsbereich der Räder. Die andere Bewegung und Sitzposition entspannt den Rücken. Sogar heftiges Kopfsteinpflaster kann uns nicht abhalten. Einige Abschnitte sind von jahrzehnte alten Pavés geprägt, über die wir im Wiegetritt hinweggleiten - dank der gefederten Sattelstützen.

Essen und Trinken In abgelegenen Gebieten mit schlechten Einkaufsmöglichkeiten schaffen unsere Falträder Abhilfe: Während ich Wasser für den Frühstückstee aus dem See schöpfe und auf dem Gaskocher erhitze, fahndet Harald mit seinem Faltrad eine halbe Stunde lang erfolglos nach frischen Brötchen: Der Campingplatz konnte wegen Minderlieferung keine verkaufen und in zwei weiteren Orten gab es keinen Laden. So nutzen wir mit den Faltern die Gelegenheit für einen kleinen Frühsport und fahren nach Fürstenberg zum Einkaufen und zurück. Die Versorgungslage hat uns gelehrt, Nahrungsangebote an der Strecke zu nutzen. Vor unserer ersten Schleuse des Tages in Strasen nutzen wir die Wartezeit, um bei einem Büdchen mit geräucherter Forellen sowie der ,Sättigungsbeilage' Brötchen eine köstliche Mahlzeit zu uns zu nehmen. Für den Abend ergänzen wir den Proviant auch mit Grillgut im Supermarkt.

Land und Leute Es bieten sich viele Gelegenheiten, neben dem Land auch Leute kennen zu lernen. Die Bandbreite beginnt bei Urlaubern, mit denen abends beim Grillen reichlich Seemannsgarn gesponnen werden kann, über stereotype Begegnungen mit einem Bahnhofsvorsteher: "Ihr seid 40 Jahre Auto gefahren, jetzt sind wir dran." bis hin zu liebenswerten Fischverkäuferinnen, die ihren Saibling Fridolin nennen.

Abschalten in Mecklenburg Alles in allem war die Faltmobiltour eine gelungene Reise, die uns gleich zur Fortsetzung animierte. Die Beschaffenheit der Mecklenburgischen Seenplatte mit dem Wechselspiel von Land- und Seeweg ist ideal für eine Reise mit einer solch amphibischen Fahrzeugkombination. Das Maß an Entspannung lässt sich gut an der Auflösung des Zeitgefühls messen, welche sich trotz des Bewusstseins für die knappen Öffnungszeiten mancher Läden einstellte. Die Zeit verliert ihren harten, unausweichlichen Takt. Anfänglich wissen wir noch genau den Wochentag, später müssen wir ihn über die Übernachtungsstellen herleiten.

Der Fuhrpark Eins war in punkto Material von vorneherein klar: Alle Teile müssen dauerhaft Falt- und Entfaltvorgängen standhalten. Erfüllen sie diese Kriterium nicht, lassen sich für einen anspruchsvollen Gebrauch nicht verwenden, oder wie sagt man so schön: Die kann man knicken! Auf negative Erfahrung dieser Art konnten wir verzichten. Unsere Ausrüstung lies sich gut falten, nicht knicken.

Falträder Dahon Speed TR Die mit der Dual-Drive Schaltung ausgestatteten Dahon Speed TR Falträder bieten für eine Faltmobiltour mit ihrem weiten Übersetzungsbereich auch an Steigungen noch den geeigneten Gang, als wenn sie als Zugfahrzeug der von uns sicherlich überladenen Anhänger eingesetzt werden. Trotz des Reiselenkers ist das Faltmaß gut und das Fahrverhalten auffallend spurstabil - wie ein großes Rad. Für unseren Einsatz war die Befestigung des Gepäckträgers unproblematisch, da wir beim Entfalten lediglich die Sattelstütze mitsamt dem Gepäckträger abgenommen haben. Des weiteren war der Gepäckträger gut für die Ortlieb Fahrradtaschen geeignet. www.dahon.com

Faltboot Kanadier von Ally Der Faltkanadier ist etwa 5 Meter lang, 20 Kilo schwer, hält aber auch 380 Kilo Zuladung aus und wird nicht umsonst auch von Gruppen benutzt, die sich mit dem Kleinflugzeug in Alaska absetzen lassen. Er ist gut auf- und abzubauen, gut zu beladen und verpackt als riesiger Rucksack auch noch zu transportieren und auf unserer Tour sicherlich noch längst nicht vom Packvolumen und Gewicht an seine Grenze gekommen. Dass die zwischen Gerippe und Boden befindliche Iso-Matte das Gefährt unsinkbar machen soll, gibt uns in extremeren Situationen ein gutes Gefühl. Ally Kanu

Faltanhänger Y-frame von CarryFreedom Der Anhänger ist in den Größen large 20 Zoll und small 16 Zoll einfach zu zerlegen. Neben dem Getränkekistentransport zu Hause sind sie für eine Campingradtour für einen Bahntransport bestens geeignet, da sie wirklich auch kaum Stauraum benötigen und schnellstens mit den Quick Release Achsen ab- und aufgebaut sind. Einen Verbesserungsvorschlag hätten wir zu den recht leichten Anhängern: Aufklappbare Seitenbügel, die das Gepäck und die Räder voreinander schützen. Die Anhänger sind zwar schwerer als die leichten Alu-Bootswagen, haben aber mit ihren gut gelagerten Achsen und funktionstüchtigen Kupplungen unschlagbare Vorteile für längere Strecken. www.used-hq.de

Der besondere Urlaubs-Tipp: Archäologie zum Anfassen: Wer sich von der Faltmobiltour inspirieren lässt und am Sternberger See vorbei kommt, sollte sich den altslawischen Tempelort aus dem 9. und 10. Jahrhundert in Groß Raden nicht entgehen lassen. Einst Heiligtum des Stammes der Warnower, ist es heute ein archäologisches Freilichtmuseum. Aber was für eines: Auf der Halbinsel steht eine frühmittelalterliche Siedlung, komplett mit Burgwall, Bohlenwegen, Flechtwandhäusern und Kultstätten. Archäologisches Freilichtmuseum, Kastanienallee, 19406 Groß Raden bei Sternberg, Tel.: 038 47 22 52, e.Mail: gross-raden@archaeologie-mv.de, www.archaeologie-mv.de. Text und Fotos: Ulrich Gehrmann, Harald Klein