KANU TRIPS
im Faltkanadier auf der Aare
Auf der Aare von Thun nach Bern
Interview mit Helle Wiese
Ein Ally Urgestein erzählt aus seinem Kanu Leben.
Meklenburger Seenplatte
Ungewönliche Reise mit Velo, Faltkanu und Anhänger.
Die lange Donau
Wieviel kostet die Freiheit ? Eine Reise vom Schwarzwald ans Schwarze Meer
Rogen
Fantastische Kanutour in Schweden und Norwegen
Die Wildniss Lapplands
Paddeln bis zur Grenze der Welt, dann zu Fuss weiter.
Freestyle
Ballett auf einem spiegelglatten See
Flussreise in Afrika
eindrückliche Kanufahrt in Mali auf dem Fluss Niger mit Tramp 16,5
4000 Km auf dem Niger
3 monatiges Paddelerlebnis in Afrika
Yukon Teritorry
Sie suchten das Abenteuer auf dem Snake River
Alaska
Gletscher, Lachse und Seehunde. Ein erfüllter Traum auf dem Prince William Sound
Spanish River in Ontario
Von Bären, Geiern, Stromschnellen, Portagen und herbstliche Farbenpracht
Alaska, Notak River
Mit der Famile unterwegs in der Wildnis
|
|
|
Teil 4
Eine
Woche auf dem Niger flussaufwärts von Mopti
nach Massina
Unsere ursprüngliche Absicht war es gewesen,
den Niger auf der «Standardstrecke»
zwischen Timbuktu, der legendären Stadt
am Rande der Sahara, und Mopti, der Stadt im
Zentrum des Binnendeltas, zu befahren. Die geringen
Chancen, Timbuktu auf der über weite Strecken
hinweg stark eingesandeten Piste mit unseren
Fahrrädern überhaupt erreichen zu
können, liess uns nach Alternativen Ausschau
halten. Da wir noch einen Besuch in Gao in unsere
Reiseplanung mit aufgenommen hatten, wurde auch
die uns noch zur Verfügung stehende Zeit
knapp. Wir fassten deshalb den Entschluss, in
Mopti einzuwassern und stromaufwärts Richtung
Ségou und Bamako zu fahren. Unsere Leistungsfähigkeit
mit dem Velo konnten wir ziemlich genau einschätzen,
wir würden deshalb die etwas mehr als 600
verbleibenden Kilometer bis Bamako locker in
5 Tagen schaffen. Da uns noch 10 Tage blieben,
konnten wir mit etwa 6 bis 8 Tagen auf dem Wasser
rechnen, je nachdem, welche Tagesleistung wir
mit dem Kanu schaffen würden. Bis nach
Diafarabé, wo wieder eine passable Piste
nach Westen zur Verfügung stand, sollten
wir es in der vorgegebenen Zeit auf jeden Fall
schaffen, hoffentlich sogar bis auf die asphaltierte
Strasse hinter Massina.
Vorratsbeschaffung
in Sévaré und Mopti
Versorgungsmässig mussten wir damit
rechnen, eine Woche unterwegs zu sein
ohne je eine sichere Gelegenheit zu haben,
unsere Vorräte an Nahrungsmitteln
sinnvoll zu ergänzen. Konserven,
Teigwaren und andere lang haltbaren Lebensmittel
kauften wir noch im Super-Marché
an der grossen Kreuzung in Sévaré
und beschlossen, die frischen Sachen am
nächsten Morgen kurz vor der Einwasserung
in Mopti zu beschaffen. Die Stadt kannten
wir ja bereits von unserem ersten Besuch
vor ein paar Tagen und wussten um den
reichlich dotierten Gemüse- und Früchtemarkt
am Eingang zur Altstadt. Wir waren deshalb
recht überrascht, an besagter Stelle
nicht das geringste Angebot vorzufinden.
Lag es daran, dass es noch früh am
Morgen war, oder war beim Zeitpunkt unseres
letzten Besuchs gerade Markttag? Wir wussten
es nicht, mussten uns in der Folge aber
auf die Suche nach Frischem machen. Wir
kurvten durch die Quartiere der Stadt
und nach und nach füllten sich auch
unsere Vorratsäcke.
Zusammenbau des Kanus am Bani-Strand
In der Hafengegend von Mopti genossen
wir an einem Strassenstand noch ein reichliches
Frühstück, zogen es dann aber
vor, noch ein wenig dem Bani entlang nach
Norden in die Vorstadt vorzustossen. Auf
dem breiten Sandstrand in der Gegend vor
dem Hospital fanden wir eine geeignete
Stelle mit genügend Freiraum, um
unser Kanu in Ruhe zusammenbauen zu können.
Klar, dass wir bald wieder von einer ansehnlichen
Menschentraube umgeben waren, die jeden
unserer Handgriffe minutiös registrierte.
Wir hatten aber mehr als genügend
Platz einberechnet und konnten ungehindert
Zusammenbauen und das Gepäck gut
organisieren. Die noch fehlenden zwei
Kartons Toubabou-Wasser, die wir eigentlich
erst am Schluss mit dem Anhänger
herbei schaffen wollten, konnten wir bei
einem anwesenden Händler bestellen
und sie wurden auch bereits auf den Köpfen
zweier Jugendlicher angeliefert. Wir waren
bereit für unsere Nigerfahrt, aber
noch nicht am Niger!
Zum Niger geht es da lang!
Die Stadt Mopti liegt am Bani, aber unweit
von dessen Mündung, und wird vom
Niger durch eine Sandbank getrennt, deren
Grösse stark vom gemeinsamen Pegelstand
im Binnendelta abhängig ist. Zur
Zeit des herbstlichen Hochwassers hätten
wir das Kanu nicht am Strand sondern lediglich
oberhalb der viele Meter hohen Quaimauer
aufbauen können, dafür hätten
wir ungehinderten Zugang nach Westen zum
Niger gehabt. Weil jetzt im Januar bereits
Niedrigwasser herrschte, wandten wir uns
geradewegs nach Norden, um den Lauf des
Nigers zu erreichen, wurden aber umgehend
in unserem Kurs durch kreuzende Pirogisten
korrigiert, welche uns auf einen kleinen
Durchlass durch die Sandbank hinwiesen:
«prenez plutôt le canal»
und ein unmissverständliches Handzeichen,
welches uns in die richtige Richtung wies.
Orientierung war somit vorerst einmal
kein Problem.
Paddeln, Stacheln oder Segeln?
Während in einheimischen Kanu-Foren
ernsthaft über die Frage diskutiert
wird, ob es zulässig, schicklich,
oder gar verboten sei, einen Kanadier
anders als mit den Stechpaddeln vorwärts
zu bewegen, werden solche Fragen in Mali
eher pragmatisch angegangen und die jeweils
beste Wahl getroffen. Die Fahrt stromaufwärts
ist trotz des geringen Gefälles immer
noch ein Unterfangen gegen die doch merkliche
Strömung des Flusses. Mit dem klassischen
Paddeln erreicht man lediglich eine Bewegung
relativ zum strömenden Wasser, mit
dem Stacheln hingegen wird eine relativ
zum Grund erzielt. Bei einem Kraftaufwand,
den wir als ähnlich eingeschätzten,
waren uns die Stachler in unserer Fahrtrichtung
meistens überlegen. Sie bewegten
sich der Technik entsprechend entlang
der Ufer und setzten ihre herzförmigen
Paddel nur kurz bei Flussquerungen an
den tiefen Stellen ein. Auf dem befahrenen
Flussabschnitt wehen die Passatwinde relativ
konstant aus Nordost, was für die
flussaufwärts Fahrenden Rückenwind
bedeutet. Wer deshalb längere Strecken
hinter sich bringen will, setzt zumindest
ein relativ einfaches Rechtecksegel, welches
oft aus ausgedienten Getreidesäcken
zusammen gestückelt wird. Mit einer
solchen Ausrüstung konnte ohne Einsatz
in etwa unsere Geschwindigkeit erreicht
werden, meistens wurde aber gleichzeitig
gestachelt.
Wer plant, längere Strecken auf dem
Niger im Bereich des Binnendeltas zurück
zu legen, dem sei hier ausdrücklich
geraten zu prüfen, ob er sich zumindest
teilweise vom klassischen Stil verabschieden
will und die Möglichkeit vorsehen
will, sein Boot andersweitig fort zu bewegen.
Dabei sollten auch die Fragen berücksichtigt
werden, ob man i) zum Stacheln genügend
Balance hat, um nicht des Öftern
Baden zu gehen, und ii) beim Segeln die
Gefahr eines Kenterns durch Überschlag
genügend gering ist. Erfahrung könnte
wahrscheinlich, wie immer, recht hilfreich
sein! Wir hatten weder das entsprechende
Material noch den Mut, um die neuen Methoden
zu testen.
Wie kommen wir auf dem Fluss voran?
«Wenn das Wörtchen WENN nicht
wäre ... » heisst es doch so
schön, dann könnten wir in der
uns verbliebenen Zeit von 10 Tagen noch
fast die ganze Strecke von Mopti bis Bamako
auf dem Niger schaffen!
Die beim Fahrradfahren zurückgelegten
Tages- und Gesamt- Strecken können
jeweils ziemlich genau dokumentiert werden,
lassen diese sich doch über die Anzahl
erfolgter Radumdrehungen feststellen.
Jeder noch so kleine Schwenker oder Umweg
ist automatisch mitgezählt. Doch
wie soll auf einer Kanutour verfahren
werden, wenn man die zurückgelegte
Distanz wissen will? Bei uns sind zumindest
die schiffbaren und dementsprechend verbauten
Flüsse genaustens kilometriert; so
liegen beispielsweise genau 688.5 offizielle
Flusskilometer zwischen der alten Rheinbrücke
in Konstanz und dem Kölner Dom. Gleiches
ist natürlich für den Niger
schwerlich möglich, welcher mit jeder
Regenzeit seinen Lauf ändern kann
und der je nach Pegelstand zu kleineren
oder grösseren Umwegen zwingt. Wir
haben jeweils beim Rasten mittels GPS
eine punktuelle Positionsmessung durchgeführt
und die nachfolgend aufgeführten
Tagesleistungen ergaben sich aus jeweils
weniger als einem halben Dutzend solcher
Punkte. Es versteht sich von selbst, dass
die effektiv zurückgelegte Distanz
grösser ist, werden die Mäander
um die vielen Sandbänke in dieser
Weise stark ausgemittelt. Trotzdem muss
festgestellt werden, dass wir deutlich
unter unserem üblichen Rendement
blieben; die Strömung und auch der
Wind, welcher zu ständiger Kurskorrektur
zwang, forderten unsere Kräfte.
Von Einsamkeit keine Spur
In der geschäftigen Stadt Mopti hatten
wir die letzten Autos und Lastwagen hinter
uns gelassen und tauchten in die neue
Welt des Nigers ein und sahen und hörten
tagelang kein solches Fahrzeug mehr. Man
könnte nun der irrigen Schlussfolgerung
anheim fallen, dass wir uns in grosser
Einsamkeit auf dem Strom bewegten. Dies
war aber in keiner Weise der Fall, der
Niger ist eine Verkehrs- und Lebensader
par exellence, das Binnendelta ist stark
besiedelt, obschon Karten keine oder nur
wenige Ortschaften verzeichnen. Es war
deshalb auch keineswegs erstaunlich, dass
reger Bootsverkehr herrschte, überall
Fischer ihre Netze auslegten und ein Dorf
dem nächsten wich. Legten wir für
eine Pause oder für die Nacht auf
einer scheinbar einsamen Sandbank in mitten
des Flusses an, dauerte es jeweils nicht
lange und wir waren von einer Traube aus
Menschen jeden Alters umringt. Alle waren
neugierig, die Toubabous und ihre höchstes
Interesse erweckenden Ausrüstungsgegenstände
zu besichtigen.
Das Aufstellen des Zeltes am Abend fand
meist unter den Augen Dutzender Schaulustiger
statt, die weiter entzückt dem Starten
des Brenners und dem Kochen zuschauten.
Erst mit dem Einsetzen der Dunkelheit,
in Afrika immer noch ein guter Grund dem
heimischen Herd zuzustreben, zog sich
das einheimische Publikum zurück.
«Sur le banc de sable,
on y danse, on y danse ... »
Bei einer Mittagsrast auf einer der typischen
Sandbänke bekamen wir Besuch von
einer Gruppe Mädchen der Altersstufe
«Beginnende Pubertät».
Für einmal zeigte sich diese Schar
gar nicht photoscheu und liess sich gerne
photographieren. Sie begannen dann einen
verführerischen Tanz voller erotischer
Ausdruckskraft. Von wegen sexualfeindliche
islamische Kultur! Aber wahrscheinlich
müssen wir hier besser von afrikanischer
Bozo-Kultur sprechen.
Die «Boulangerie von Massina»
In der Kreisstädtchen Massina legten
wir an, um unsere Vorräte zu ergänzen,
die langsam zu Ende gingen. Sandra machte
sich auf den Weg vom Hafen ins Städtchen
und erstand auch ein paar Lebensmittel.
Brot wäre noch eine schöne Ergänzung
des Angebotes gewesen, liess sich aber
nicht so einfach finden. Ihre Frage nach
der Boulangerie wurde mit einem Ausbruch
von Lachen quittiert, als hätte sie
nach etwas Unanständigem gefragt,
wie etwa dem lokalen Puff.
«Fährverkehr», oder
wie die Viehhabe aufs andere Ufer?
In den grösseren Orten am Niger wie
Diafarabé oder Massina stehen reguläre
kleine Fähren in den Häfen,
die zum Übersetzen von Waren und
Habe benützt werden können.
Der Grossteil an Transportkapazität
auf dem Strom steht jedoch in der Form
von Pirogen zur Verfügung. Mit ihnen
wird alles transportiert, das nicht selber
über den Niger schwimmen kann und
wir wollen hier jetzt nur von Eseln und
Schafen sprechen.
Einzelne oder Paare von Eseln, selten
etwas grössere Gruppen, sieht man
bootmittig und quer zur Fahrtrichtung
stehend verladen. Mit den Köpfen
und Hinterteilen über die Bootsränder
hinausragend scheinen sie die schaukelnden
Überfahrten in stoischer Ruhe zu
ertragen. Nur keine unverhätnismässigen
Emotionen zeigen, dies wäre wohl
unter der Würde eines richtigen Esels.
Anders geht es beim Schaftransport zu
und her. Hier herrscht weder eine definierte
Verladeordnung noch stoische Ruhe. Diese
Tierchen scheinen Transportängste
zu haben und gehen selten freiwillig an
Bord. In Gruppen stehen sie im seichten
Wasser zum Verladen zusammengetrieben,
versuchen diesem Schicksal jedoch durch
Ausbüchsen entgehen zu wollen. Die
Hirten kennen jedoch keine Gnade und packen
sie wie es gerade kommt und schleifen
sie zu den wartenden Pirogen, um sie schliesslich
an Bord zu werfen. Am andern Ufer dann
gleiches Verfahren aber in umgekehrter
Weise: die Schafe werden in Ufernähe
aus den Booten ins Wasser gehievt und
entfliehen sofort auf die rettende Sandbank.
Übersetzen von Zebu-Herden auf
dem Niger
Im November Dezember wird Diafarabé
zum Schauplatz eines gewiss spektakulären
Schauspiels. Nördlich des Nigers
trocknen zu dieser Zeit die Weiden langsam
aus und die grossen Zebuherden werden
von den halbnomadischen Peul auf die noch
grünen Landstriche im Süden
des Nigers gebracht. Die Zebus werden
dabei nicht etwa über den Strom transportiert,
sondern queren ihn als gute Schwimmer
aus eigenem Antrieb. In seinem tollen
Bildband «Afrika» führt
Olivier Föllmi die guten Schwimmfähigkeiten
dieser Rinder auf die grossen Hörner
zurück, die als Schwimmkörper
wirken würden. Dies ist natürlich
Unsinn, oder hat er sie etwa Kopf unter
schwimmen sehen?
Obschon wir ausserhalb der eigentlich
in Frage kommenden Zeit auf diesem Flussabschnitt
unterwegs waren, kamen wir im Kleinen
trotzdem in den Genuss eines solchen Schauspiels.
Begleitet von Hirten, die in einer Piroge
übersetzten, schwamm die Leitkuh
über den Fluss und die restlichen
Mitglieder der Herde folgten ihr geordnet
in Einerkolonne.
Über die Autoren dieses Berichtes
Sandra Loss stammt ursprünglich
aus dem Rheinland, ist in Süddeutschland
aufgewachsen und lebt seit mehr als einem
Jahrzehnt in der Schweiz. Unter allen
Reisearten schätzt sie das Wanderreiten am meisten und hat bereits grosse
Teile Westeuropas vom Pferderücken
aus kennengelernt. Für tolle Touren
auf andern Kontinenten ist sie aber auch
nicht abgeneigt, zur Abwechslung mal den
Drahtesel zu satteln.
Heinz Rüegger stammt
aus dem zentralen Schweizer Mittelland
und bereist nahe und ferne Länder
seit seiner frühen Jugend am liebsten
mit dem Velo. Dabei zeigt er eine Vorliebe
für die grossen Gebirge dieser Erde
und berichtet gerne über seine Touren
unter seinem arabischen Pseudonym AlMusafir.
Zusammen haben die Beiden schon viele
Wander-, Ski- und Fahrradtouren unternommen
und entdeckten im letzten Jahr, dass Kanufahren
neue Dimensionen in ihre Reisemöglichkeiten
bringen könnte. Sie schätzen
dabei sehr, dass Flusslandschaften oft
einen wesentlich «wilderen»
Charakter aufweisen als das sie umgebende
Umland.
Weiter mit Teil: 1 2 3 4
|
|
|
|